
Chronische Schmerzen sind keine Seltenheit. Rund 1,5 Millionen Menschen in Österreich, so wird geschätzt, leiden unter chronischen Schmerzen (siehe Österreichische Schmerzgesellschaft).
Chronische Schmerzen und Schmerzgedächtnis
Schmerzreize werden von bestimmten Rezeptoren im menschlichen Organismus erzeugt, den Nozizeptoren. Das Wort leitet sich vom lateinischen „nocere“ ab, was „schaden“ bedeutet. Solche Nozizeptoren finden sich fast überall im gesamten Körper, an der Haut, an Organen, Blutgefäßen, Nerven, Muskeln und anderen Geweben.
Akuter Schmerz, etwa wenn Sie sich den Finger verbrennen oder das Bein brechen, ist sinnvoll. Er zeigt auf, hier ist etwas im Organismus nicht in Ordnung und leitet Vorgänge ein, die die Verletzung wieder heilen lassen. Üblicherweise verschwindet der Schmerz, wenn eine Behandlung der zugrunde liegenden Verwundung oder Krankheit behandelt wird.
Wenn nun beispielsweise ein Schmerzreiz immer wieder auftritt oder ein akuter Schmerz inadäquat behandelt wird, lernen die Nozizeptoren dazu. Sie verändern die Struktur und bilden immer mehr Rezeptoren aus, die dann schon auf den kleinsten Reiz Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten. Es bildet sich ein Schmerzgedächtnis, der Schmerz ist nicht mehr länger eine Warnung, sondern ist selbst zur Erkrankung geworden.
Schmerzkrankheit: Hohe psychische Belastung
Chronische Schmerzen wirken sich auf jeden Lebensbereich der Betroffenen aus. So können, im Verlauf der Erkrankung, schon die ganz normalen täglichen Anforderungen in Beruf und Privatleben zur massiven Belastung werden. Psychische Veränderungen bis hin zu Depressionen können die Folge sein. Jede, scheinbar noch so einfache Tätigkeit, etwa ein gemeinsames Essen mit der Familie oder ein Ausflug in ein Museum können so zu kaum noch bewältigenden Herausforderungen werden.
Chronische Schmerzen: Mehr als zwei Jahre bis zur Diagnose
Auch wenn die chronische Schmerzkrankheit mittlerweile zu den sehr häufigen Erkrankungen zählt, dauert es immer noch sehr lange, bis erst eine korrekte Diagnose gestellt und danach eine wirksame Therapie eingeleitet wird. Durchschnittlich 2,5 Jahre vergehen durchschnittlich von der Manifestation der chronischen Schmerzkrankheit bis zur korrekten ärztlichen Diagnose. Fünf ÄrztInnen konsultieren SchmerzpatientInnen dabei im Durchschnitt, rund 40 Prozent sind, auch wenn sie in ärztlicher Behandlung sind, unzufrieden mit ihrer Therapie. Zudem stehen österreichweit insgesamt viel zu wenige Therapieplätze zur Verfügung.
Schmerztherapie und Stoffwechsel
Spezialisierte SchmerzmedizinerInnen können bei chronischen Schmerzen oft zumindest eine deutliche Linderung erreichen. Das therapeutische Spektrum reicht dabei von Medikamenten über manuelle Therapien bis hin zu Akupunktur und anderen komplementärmedizinischen Verfahren.
Vor einer solchen Schmerztherapie ist eine umfassende genetische Analyse ausgesprochen sinnvoll. Der Grund? Fast sämtliche Medikamente, die in der Therapie der chronischen Schmerzkrankheit eingesetzt werden, werden in der Leber verstoffwechselt. Das Spektrum reicht von Antirheumatika, wie Ibuprofen und Celecoxib über Analgetika wie Paracetamol, Fentanyl und Tramadol bis hin zu Antiepileptika wie Valproinsäure und Carbamazepin. Damit diese Medikamente im Organismus wirksam werden können, müssen sie in der Leber um- und letztlich auch abgebaut werden. Verantwortlich dafür sind bestimmte Proteine, die als Isoenzyme bezeichnet werden. Diese Isoenzyme verarbeiten die in der Schmerztherapie eingesetzten Medikamente. Das klappt allerdings nicht immer so, wie es soll. Die Ursache dafür sind jene Gene, die darauf programmiert sind, die Isoenzyme in der Leber zu produzieren, die die eingenommenen Substanzen verstoffwechseln. Diese Gene können nämlich Mutationen aufweisen. Derartige Mutationen können bereits in der befruchteten Eizelle vorhanden sein (Keimbahnmutationen) oder im Laufe des Lebens entstehen, weil auch Gene altern und Fehler entstehen, wenn Gene kopiert werden (somatische Mutation).
Chronische Schmerzen: Schmerztherapie und umfassende Genanalyse
Die Therapie der chronischen Schmerzkrankheit ist meist eine langfristige Behandlung. Es ist daher gut zu wissen, ob bei Ihnen bestimmte Mutationen vorliegen, die die Verstoffwechslung Ihrer Medikamente negativ beeinflussen können. So führen bestimmte Mutationen etwa dazu, dass ein für die Verarbeitung einer Substanz notwendige Isoenzym gar nicht mehr produziert wird. Die Folge: Im Blut sammeln sich hohe Wirkstoffspiegel an, die nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden, was zu erheblichen Nebenwirkungen führt. Auch der umgekehrte Fall kann auftreten: Aufgrund einer Mutation werden bestimmte Isoenzyme „hyperaktiv“ und bauen Substanzen viel zu schnell ab, so dass gar keine Wirkung entstehen kann.
Fazit
Bei einer umfassenden genetischen Analyse können über 220 Mutationen bestimmt werden, die die Wirkung von Medikamenten massiv beeinflussen können. Eine solche Untersuchung hilft dabei, den langwierigen Behandlungsprozess einer Schmerzkrankheit optimal zu unterstützen. Das Ergebnis einer umfassenden genetischen Analyse hilft dabei, die Schmerztherapie perfekt auf Sie abzustimmen, um dauerhafte Schmerzlinderung zu erreichen.