
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind die häufigsten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. In Österreich– so wird geschätzt* – erkranken jedes Jahr zehn bis 15 von 100.000 Menschen neu an Colitis ulcerosa. Die jährliche Neuerkrankungsrate für Morbus Crohn liegt bei 20 bis 25 von 100.000 Menschen. Und während die Neuerkrankungen für Colitis ulcerosa seit vielen Jahren stabil sind, steigt die Neuerkrankungsrate bei Morbus Crohn seit Jahren kontinuierlich an.
Colitis ulcerosa oder…
Colitis ulcerosa ist eine chronische Entzündung des Dickdarms, genauer gesagt, der Schleimhaut, die den Dickdarm auskleidet und schützt. Dabei können sich schmerzhafte Geschwüre in der Darmschleimhaut bilden. Die Erkrankung tritt schubweise auf und führt zu heftigen Bauchschmerzen und Durchfall. Zwischen den Schüben bestehen keine Beschwerden. Ist die Erkrankung nicht mit Hilfe von Diät und Medikamenten beherrschbar, muss in letzter Konsequenz der gesamte Dickdarm entfernt werden.
… Morbus Crohn?
Morbus Crohn wird ebenfalls zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen gezählt. Bei dieser kann sich allerdings die gesamte, im Verdauungstrakt (von Mundhöhle bis After) befindliche Schleimhaut entzünden. Das ist allerdings zum Glück nur selten der Fall. Meist ist der letzte Teil des Dünndarms von der Schleimhautentzündung betroffen. Auch Morbus Crohn verläuft in Schüben. Zwischen den Schüben bestehen keine oder kaum Beschwerden. Auch PatientInnen mit Morbus Crohn leiden unter starken Bauchschmerzen und Durchfällen. Es treten aber auch Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Fieber und Gewichtsverlust auf.
Wichtigstes Medikament: Kortison
Rund 25 Prozent der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen verlaufen schwer. Ein Viertel der PatientInnen ist also langfristig auf Medikamente angewiesen. Eines der wichtigsten Arzneimittel zur Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen ist Kortison, weil es eine sehr starke und rasche entzündungshemmende Wirkung aufweist. Kortison-Präparate in Tablettenform werden in der Leber verstoffwechselt. Verantwortlich dafür ist ein bestimmtes Isoenzym, es wird als CYP3A4 bezeichnet. CYP3A4 ist jenes Isoenzym, das für mehr als die Hälfte aller in der Leber verarbeiteten Substanzen verantwortlich ist.
Kortison und CYP3A4
Die Isoenzyme der Leber, die Medikamente verstoffwechseln, werden von bestimmten Genen „produziert“. Ein jeder Mensch trägt Mutationen dieser Gene in sich. Dies muss per se nichts Schlimmes bedeuten, gäbe es ohne solche Mutationen ja auch keine Evolution. Liegt eine Mutation auf CYP3A4 vor, kann es sein, dass Medikamente, die dieses Isoenzym brauchen, um verstoffwechselt zu werden, nicht mehr richtig verarbeitet werden können. Gerade bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen kann dies erheblich negative Folgen haben. Wenn eine derartige Mutation bei Ihnen vorliegt, können bestimmte Kortison-Präparate eventuell nicht wirksam sein, weil sie zu schnell abgebaut werden. Sie können aber auch zu langsam verstoffwechselt werden. Das führt zu hohen Kortison-Spiegeln im Blut und damit zu unangenehmen Nebenwirkungen. Daher ist es wichtig, eine umfassende genetische Analyse durchführen zu lassen.
Genanalyse gibt Aufschluss
Nur eine auf dem letzten Stand der Wissenschaft durchgeführte Genanalyse kann dies verhindern. Bei einer umfassenden Analyse werden nicht nur die häufigsten, sondern alle bekannten Mutationen getestet, die die individuelle Aktivität des Enzyms beeinflussen können. Liegt eine CYP3A4-Mutation vor, kann Ihr Arzt oder Ihre Ärztin Ihnen exakt jenes Arzneimittel verordnen, das trotz der Mutation wirksam ist.
Fazit
Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zählen zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Bei beiden Krankheiten leiden die Betroffenen schubweise unter heftigen Bauchschmerzen und Durchfällen. Eine der wichtigsten Substanzen zur Therapie von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist Kortison. Kortison wird in der Leber über das Isoenzym CYP3A4 verstoffwechselt. Es macht daher Sinn, eine umfassende genetische Analyse durchführen zu lassen, um festzustellen, ob eine CYP3A4-Mutation vorliegt, damit Ihr Arzt/Ihre Ärztin ein Kortison-Präparat verordnen kann, das auch dann wirksam ist, wenn eine oder mehrere solcher Mutationen vorliegen.
* Genaue Zahlen existieren nicht, die Berechnungen fußen auf Extrapolationen aus internationalen Studien.